top of page

Neurodiversität und Masking: Warum Frauen, Männer und Non-Binäre oft unter dem Radar fliegen



Die Vielfalt der Neurodiversität ist eine Stärke, doch oft bleiben besonders binäre oder non-binäre Menschen, die Masking betreiben, unerkannt oder werden spät diagnostiziert. Warum ist das so und was können wir tun, um dies zu ändern?


Warum Mädchen und Frauen oft erst spät eine Diagnose erhalten

Frauen und Mädchen erhalten ihre Diagnosen für ADHS und Autismus häufig erst im Erwachsenenalter, während Männer und Jungen oft schon in der Kindheit diagnostiziert werden. Dies liegt an verschiedenen Faktoren. Ein paar können sein:


  • ADHS: Frauen und Mädchen neigen dazu, ihre ADHS-Symptome zu internalisieren. Sie sind oft still und träumen vor sich hin, während Jungen häufiger hyperaktiv und impulsiv sind.

  • Autismus: Frauen und Mädchen zeigen oft bessere soziale Anpassungsfähigkeiten (Adapting) und entwickeln Strategien, um ihre Schwierigkeiten zu kompensieren, was als Masking bezeichnet wird.


Masking

Masking ist das bewusste oder unbewusste Verbergen von neurodivergenten Merkmalen, um sich besser an soziale Normen anzupassen. Dieses Verhalten ist besonders bei Frauen und Mädchen verbreitet, da sie oft stärkerem sozialen Druck ausgesetzt sind, sich „normal“ zu verhalten.


  • Frauen und Mädchen: Sie entwickeln häufig Strategien, um ihre neurodiversen Merkmale zu maskieren, indem sie soziale Regeln imitieren und sich anpassen. Dies kann extrem anstrengend sein und zu einer späten Diagnose führen.

  • Männer: Männer, die Masking betreiben, werden ebenfalls oft erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Sie zeigen ähnliche Anpassungsstrategien, was dazu führt, dass ihre neurodiversen Merkmale übersehen werden.

  • Non-binäre Menschen: Bei non-binären Menschen verhält es sich natürlich ebenso. Ihre Erfahrungen und Herausforderungen sind vielfältig und oft weniger gut erforscht, was zu noch späteren Diagnosen führen kann. Es gibt viel mehr non-binäre Menschen mit einer Neurodivergenz, als binäre. Warum das so ist, ist ebenfalls noch nicht gut erforscht, aber es gibt einige Thesen, auf die ich bald gesondert eingehen werde.


Falschdiagnosen und ihre Folgen

Vor der richtigen Diagnose werden binäre und non-binäre Menschen oft falsch diagnostiziert. Häufige Falschdiagnosen umfassen Depressionen, Angststörungen, Borderline-Persönlichkeitsstörung und Essstörungen. Diese können als Komorbiditäten vorliegen, jedoch Neurodivergenz verdecken. Diese Fehldiagnosen haben weitreichende Folgen:


  • Unangemessene Behandlung: Falschdiagnosen führen oft zu Behandlungen, die nicht die zugrunde liegende neurodiverse Kondition adressieren, was die Symptome verschlimmern kann.

  • Selbstwertgefühl und Identität: Falschdiagnosen können das Selbstwertgefühl und die Identität negativ beeinflussen, was die mentale Gesundheit weiter beeinträchtigt.


Ist die Diagnostik zu sehr auf Jungen und Männer fokussiert?

Die diagnostischen Kriterien und Instrumente für ADHS und Autismus basieren historisch auf Studien mit überwiegend männlichen Probanden. Dies führt dazu, dass weibliche und non-binäre Präsentationen oft nicht erkannt werden.

Was muss sich ändern?

Um sicherzustellen, dass alle Menschen, die Masking betreiben, frühzeitig und akkurat diagnostiziert werden, sind folgende Schritte notwendig:


  1. Anpassung der diagnostischen Kriterien: Die diagnostischen Kriterien sollten überarbeitet werden, um geschlechtsspezifische und non-binäre Unterschiede zu berücksichtigen. Das ist bisher nicht der Fall.

  2. Schulung und Sensibilisierung: Ärzt*innen, Psycholog*innen und Pädagog*innen sollten besser über die unterschiedlichen Präsentationen von ADHS und Autismus informiert und sensibilisiert werden. Hier herrscht bisweilen noch ein Stand wie vor 40 Jahren!

  3. Förderung der Forschung: Es sollte mehr geschlechtsspezifische und non-binäre Forschung betrieben werden, um ein tieferes Verständnis der Unterschiede in der Symptomatik zu gewinnen.

  4. Frühzeitige Interventionen: Durch frühzeitige Screening-Programme können alle Menschen, die Masking betreiben, schneller identifiziert und unterstützt werden.


Fazit

Neurodiversität betrifft alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, doch alle, die Masking betreiben, werden oft übersehen. Durch Anpassungen in der Diagnostik und erhöhte Sensibilisierung können wir sicherstellen, dass auch sie die notwendige Unterstützung erhalten. Ich wünsche mir, dass folgende Generationen sagen werden: "Die Alten waren zwar ganz schön lahm, aber haben noch die Kurve gekriegt." 

13 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page